Laut einer Eurobarometer-Umfrage empfinden mehr als 90 Prozent der Europäer eine moralische Verpflichtung, die biologische Vielfalt zu erhalten. Und sie haben Recht! Der Mensch braucht sauberes Trinkwasser, reine Luft, gesunde Nahrung, gutes Klima und eine lebenswerte Umwelt. Doch diese Service-Leistungen der Natur gibt es nicht ohne Schutz der biologischen Vielfalt. Damit schützen wir auch uns selbst.
Gemäß §44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) ist es nicht erlaubt, während der Brutzeit geschützte Arten z.B. im Zuge einer Dach- oder Fassadenrenovierungsmaßnahme zu beeinträchtigen. Dies betrifft insbesondere z.B. auch die Entfernung von Schwalbennestern und das Verschließen von Dächern oder Kirchtürmen, ohne vorherige Prüfung der möglichen Auswirkungen auf fassaden- oder dachbewohnende Arten, wie z.B. Schwalben oder Fledermäuse. Nicht nur öffentliche Baumaßnahmen erfordern eine Berücksichtigung von Naturschutzbelangen, auch private Besitzer einer Immobilie müssen dies berücksichtigen. Im Klartext heißt das, das bei Renovierungsmaßnahmen mit Augenmaß vorgegangen wird. Natürlich ist der einzelne Bauherr unter Umständen überfordert. Im Einzelfall kann das dazu führen, dass sogenannte artenschutzrechtliche Gutachten in Auftrag gegeben werden müssen, die natürlich nicht zum Nulltarif zu haben sind. Bei kleineren Vorhaben können aber eventuell auch ehrenamtliche Helfer des Nabu hier unterstützen. Entweder bei der Beurteilung des Projekts oder der Auswahl des richtigen Gutachters. Der Gesetzgeber sieht diese artenschutzrechtliche Beurteilung der Auswirkungen einer Maßnahme an Gebäuden zwingend vor. Ein bewußtes Ignorieren kann strafrechtliche Konsequenzen haben. Bitte suchen Sie daher frühzeitig Hilfe, wenn Sie denken, hiervon betroffen zu sein. Eine Vogel-Strauss-Politik ist nur zu Ihrem eigenen Schaden. Denken sollte man dabei an die Kosten, die eine Unterbrechung oder sogar das Verbot der Maßnahme mit sich bringen können.
Der NABU Schwetzingen und Umgebung appelliert daher an alle Kirchengemeinden in den von uns betreuten Gemeinden Schwetzingen, Oftersheim, Ketsch, Brühl, Plankstadt und Eppelheim bei Renovierungsmaßnahmen an Kirchen und insbesondere Kirchtürmen die untere Naturschutzbehörde und den Nabu rechtzeitig einzubinden. Dies ermöglicht schon vor Baubeginn eventuell betroffene Arten, z.B. Fledermäuse und Greifvögel (Falken und Eulen) zu erfassen und eventuelle Maßnahmen zu ihrem Schutz in der Projektplanung zu berücksichtigen. Scheuen Sie sich nicht vor den eventuellen Mehrkosten. Die strafrechtlichen Aspekte einer offensichtlichen Schädigung der betroffenen Arten wäre weitaus unangenehmer und auch sicherlich nicht im Sinne der Erhaltung dieser Arten für unsere Kinder.
Natürlich sehen wir auch die Notwendigkeit von Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden. die zur Vermeidung unnötiger Wärmeverluste führen sollen. Jedoch sollten Architekten, Baufirmen und Eigentümer sensibilisiert werden, bei derartigen Maßnahmen den Schutz gefährdeter Arten nicht leichtfertig zu übergehen und mit Augenmaß vorzugehen. Oft reicht es schon, die Fassadenrenovierung in den Herbst zu verlegen und nach erfolgter Maßnahme den ihrer Brutmöglichkeit beraubten Tiere für das nächsten Frühjahr mit künstlichen Nisthilfen zu helfen, die auch einen Schutz der Fassade ermöglichen.